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Der Klang des Herzens:

Zur Person und Lehre des Sufimeisters Oruc Güvenc
Meine erste Begegnung mit Oruc Güvenc kündigte sich vor nunmehr sechzehn Jahren auf recht sonderbare Weise an. In einer Zeit großer innerer Zweifel und äußerer Umbrüche hatte ich eines Nachts einen für meinen weiteren Lebensweg entscheidenden Traum: Ich wurde gemeinsam mit einer Gruppe von Menschen durch ein prunkvolles, schloßartiges Gebäude geführt. Von dort aus geleitete man uns in einen Park, in dem sich die Menschen allerlei Spielen und Belustigungen hingaben. Dort vernahm ich eine Musik, die mich gemahnte, meine Zeit nicht mit unnützem Spiel zu vergeuden. Ich verließ die Gruppe und kehrte - dem Klang der Musik folgend - alleine in das Gebäude zurück. Ich durchschritt Zimmer für Zimmer, die Musik immer deutlicher vernehmend. Eine Stimme geleitete mich und kündigte an, daß u.a. diese Musik von großer Bedeutung in meinem Leben sein werde. Von diesen Worten und den darauffolgenden Traumereignissen tief bewegt, wachte ich auf. Selbst im Wachzustand war ich von dem von dieser Musik ausgehenden extatischen Lebensgeschmack so sehr erfüllt und belebt, als wäre jede einzelne meiner Zellen selbst Musik. Damit einher ging eine mir zuvor unbekannte tiefe Sehnsucht, welche sich jedoch weder an eine bestimmte Person noch an eine bestimmte Situation oder Sache festmachen ließ. Dieser seltsame, mit Worten nicht ausreichend beschreibbare Zustand hielt über mehrere Tage hinweg an.

In diesen Tagen bat mich eine Freundin, einen mir noch unbekannten türkischen Musiker vom Wiener Flughafen abzuholen und zum Konzertsaal zu bringen

Es war wie ein deja vue Erlebnis. Oruc erschien mir nicht fremd, als ich ihn erstmals sah. Die von Oruc gespielte Musik versetzte mich wieder in jenen extatischen Zustand, den ich aus dem zuvor geschilderten Traum kannte. Als ich Oruc nach dem Konzert davon erzählte, lud er mich ein, mit ihm nach Istanbul zu kommen, um dort einige Zeit in seinem Haus zu verbringen. All meine anerzogene Vorsicht gegenüber Fremden über Bord werfend, willigte ich ohne zu zögern ein. Oruc ließ sein Rückflugticket verfallen, und wir vereinbarten statt dessen mit unserer gemeinsamen Bekannten in meinem Wagen nach Istanbul zu fahren.

Als ich das Zimmer betrat in dem sich Oruc und andere Besucher aufhielten, begab sich etwas, was ich im Verlauf der vielen gemeinsamen Jahre als typisch für Orucs Leben und Handeln kennenlernte: Unser Reiseziel hatte sich geändert.

Anstelle nach Istanbul zu fahren, brachen wir nach Budapest auf.

Wir erreichten die österreichisch- ungarische Grenze gegen 1 Uhr 30 morgens. Im Jahr 1984 war diese Grenze noch Teil des „eisernen Vorhangs“. Man öffnete das Gepäcksabteil unseres Wagens und begutachtete die seltsam anmutenden Musikinstrumente. Wenige Minuten später fand ich mich in einer weiteren - für Oruc typischen - Szene wieder: wir spielten und tanzten für eine immer größer werdende Zahl bewaffneter Grenzpolizisten vor dem geschlossenen Grenzbalken. Etwa zwanzig Minuten später ließ man uns freundlich winkend und ohne weitere Kontrollen, weiterfahren.

Wir blieben das gesamte Wochenende und am frühen Sonntagmorgen führte uns Neslihan auf eine Anhöhe über der Stadt. Dort liegt das Grab von ”Gül Baba” - einem islamischen Mystiker des 16. Jahrhunderts. Ihm schreibt die Legende zu, die Rose nach Ungarn gebracht zu haben. Ich erinnere mich noch genau an die Morgenstimmung am Mausoleum, welches von Rosensträuchern umrankt war, die im Morgentau glitzerten. Als wir vor Gül Babas Schrein standen, wandte sich Oruc zu mir und erzählte folgende Geschichte: ”Einer meiner Freunde beobachtete eine Nachtigall, die mit größter Anstrengung versuchte, mit ihrem Schnabel an den Grund einer Rosenknospe zu gelangen. Je intensiver sie dies versuchte, desto stärker verletzte sie sich an den Dornen. Doch je stärker sie blutete, desto bedingungsloser versuchte sie in das Innere der Knospe zu gelangen.” Von einem Moment auf den anderen schoß mir ein Tränenschwall in die Augen und ich weinte stundenlang, ohne den Grund dafür zu begreifen.

Von Gerhard K. Tucek